Was ist bei denen eigentlich schief gelaufen?

Was ist bei denen eigentlich schief gelaufen?

Hallo ihr lieben Menschen,

Pride-Month und Fronleichnam? Nichts was auf den ersten Blick zusammen passt. Doch als ich gestern vorm Gottesdienst überlegt habe, was mir Fronleichnam eigentlich bedeutet, habe ich erstaunliche Parallelen gefunden.

Der Pride Month wird immer im Juni gefeiert. Er erinnert an den Stonewall-Aufstand in New York von 1969, der zu einem wichtigen Wendepunkt im Einsatz für LGBTQIA*-Rechte wurde. So finden traditionell viele Christopher-Street-Day (CSD)-Paraden und Veranstaltungen, die sich für die Gleichberechtigung und Akzeptanz der LGBTQIA*-Community einsetzen, im Juni statt und das ganze Thema soll nochmal besonders Aufmerksamkeit bekommen. Auch teilen besonders viele Menschen, die sich als Teil dieser Community verstehen, während des Pride-Month ihre Geschichten und zeigen stolz ihre Identität.

Welche Gemeinsamkeit habe ich gestern zwischen den Festen entdeckt? Beides mal wird etwas, was mir in mir drin ganz wichtig ist, fest zu meiner Identität gehört und mich ausmacht, nach außen getragen, stolz gezeigt, um die Welt daran teilhaben zu lassen. Obwohl vielleicht viele Menschen, die das sehen, überhaupt nicht verstehen, was da los ist und was das Ganze soll.
Wenn an Fronleichnam eine große Gruppe Menschen mit Gesang, bunten Blumen und Weihrauch hinter einem Mann herläuft, der ein Kleid trägt und ein Stück Brot in einer goldenen Aufbewahrung durch die Straßen trägt, dann fragt sich bestimmt der Eine oder die Andere „Was ist bei denen eigentlich schief gelaufen?“. Für mich, die ich da mitlaufe, ist es aber Ausdruck von etwas, das mein Leben stark prägt: Gott* ist Teil unseres Lebens und ganz nah bei uns. Jesu Präsenz in dieser Welt ist nicht einfach mit der Himmelfahrt vorbei sondern dauert an und – auch wenn ich überhaupt nicht verstehen kann wie – ist sie in der gewandelten Hostie auf besondere Weise gegenwärtig. Dieses Nahsein Gottes* verändert mein Leben und schafft Gemeinschaft unter uns Menschen. Das will ich nicht für mich behalten sondern nach außen tragen und mit der Welt teilen.


Wenn im Pride Month der CSD gefeiert wird und eine große Gruppe Menschen mit lauter Musik, bunten Blumen und Konfetti durch die Straßen laufen und Männer in Kleidern Regenbogenfahnen schwenken, dann fragt sich bestimmt der Eine oder die Andere „Was ist bei denen eigentlich schief gelaufen?“. Für mich, die ich da mitlaufe, ist es aber Ausdruck von etwas, das mein Leben stark prägt: Ich liebe als Frau eine Frau und das darf so sein. Ich bin damit zwar anders als ein Großteil der Menschen und manchmal werde ich deswegen komisch angeschaut oder soll mich rechtfertigen, warum das so ist. Aber ich muss mich – Gott* sei Dank – nicht verstecken, sondern darf das feiern, sie heiraten und mit ihre eine Familie gründen. Dafür haben sich viele Menschen seit Jahrzehnten eingesetzt und ich bin echt dankbar. Es gibt aber auch noch Länder und Themen, in denen es keine Gleichberechtigung gibt, in denen Vielfalt wenig Anerkennung findet. Deswegen ist es um so wichtiger, da zu sein und zu zeigen „Es gibt uns. Wir sind auch nur Menschen. Aber eben ein bisschen anders als der Rest. Das macht das Leben bunt, erweitert den Horizont und nimmt niemandem etwas weg. In unserer Vielfalt zeigt sich etwas Gott*.“ Das will ich nicht für mich behalten sondern nach außen tragen und mit der Welt teilen.

Stolz zu sein, auf das was mich aus (und irgendwie anderes macht), es nicht zu verstecken, sondern meine Mitmenschen daran teilhaben zu lassen. Und darin die Nähe Gottes zu spüren. Das habe ich dieses Jahr als Kern der beiden Feste erfahren.
Das passiert in großen farbenfrohen Gesten wie bei einer Fronleichnamsprozession und beim CSD, oder klein und persönlich, wenn ich in einer Gruppe naturwissenschaftlich-atheistischer Freund:innen gefragt werde, was eigentlich an Fronleichnam gefeiert wird, sich von da aus ein Gespräch über Kirche, Göttliches und Schöpfungs(un)glaube entspannt und wenn ich Hand in Hand mit meiner Frau und mit einem Regenbogen auf meiner Jeansjacke durch die Straße laufe.

Ich bin überzeugt, dass in all diesem Gott spürbar ist und besonders in die Welt kommt. Für mich, die ich mich als angenommen und beschenkt erfahren darf, und für meine Mitmenschen, die mit Gott* und der Vielfalt ihrer* Welt in Berührung kommen können, auch dort, wo sie es garnicht erwarten.

Viele Grüße
und bis bald im sommerlichen Biergarten,
Isa

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